Bestens befahrene Brücke
Geschafft! „Wir freuen uns, dass wir unser ‚Großprojekt Brücke‘ in Zeit und Budget erfolgreich umsetzen konnten“, sagt Christian Weber vom Service Center Bahn bei Evonik in Marl über die neue 22-Meter-Eisenbahnbrücke am Silvertbach in Marl. Auch die Anwohner freuen sich.
2022 bei strömendem Regen begonnen, 2024 bei strömendem Regen abgeschlossen: Man könnte meinen, zumindest wettertechnisch lief es nicht gut. Aber die Bauarbeiten haben gezeigt, dass das Gegenteil der Fall war. „Wir freuen uns, dass wir unser ‚Großprojekt Brücke‘ in Zeit und Budget erfolgreich umsetzen konnten“, sagt Christian Weber vom Service Center Bahn bei Evonik in Marl über die neue 22-Meter-Eisenbahnbrücke am Silvertbach in Marl.
Gewissermaßen ist es eine Baustelle auf historischem Grund: Die ersten Teile der Auguste Victoria-Gleisstrecke stammen aus dem Jahr 1900. Mehr als 100 Jahre später (2016) kaufte und sanierte der Chemiepark die rund sechs Kilometer lange Strecke von Marl-Sinsen zum Chemiepark. Dass die Strecke mehr als ein Jahrhundert alt ist, zeigte sich auch darin, dass bei den ersten Arbeiten neben der bisherigen Brücke aus den 1980er-Jahren noch drei weitere Brückenbauwerke im Bahndamm gefunden wurden und ausgebuddelt werden mussten.
Baustelle unter besonderen Umständen
„Eine große Herausforderung bei diesem Bauprojekt bestand für uns in der Koordination von Sperrpausen für den durchlaufenden Bahnverkehr“, sagt Christian Weber. „Unsere Bauaktivitäten mussten wir mit der Deutschen Bahn und den Verkehrsunternehmen takten. Vor Ort standen die Arbeiten unter der Prämisse, unsere Bauphasen innerhalb von 24 Stunden abzuschließen, um die Chemiepark-Versorgung jederzeit sicherzustellen zu können.“
Unter diesen besonderen Bedingungen setzte sich das Projekt Brückenbau daher aus vielen kleinen bis größeren Bauabschnitten zusammen: Zu Beginn erfolgte die Kampfmittelsuche - ein üblicher Vorgang bei Bauprojekten dieser Art, um zum Beispiel Kriegsaltlasten im Erdreich auszuschließen. Im zweiten Bauabschnitt wurde eine sogenannte Fangdammkonstruktion installiert, um das Erdreich neben der Bahnstrecke abtragen zu können, ohne die Stabilität des Gleises zu gefährden. Um die Brücke vor Ort sicher und in entsprechender Tiefe in der Erde zu verankern, wurden in einem weiteren Schritt Bohrpfähle in die Erde eingebracht.
Während sich die Baustelle in Marl von Tag zu Tag nach Plan weiterentwickelte, wurde in Meppen der stählerne Brückenüberbau hergestellt, ehe die Konstruktion für den Transport startklar gemacht werden und ihre Reise nach Marl antreten konnte.
Achtung, Schwertransport: 120-Tonnen-Brücke kommt
22 Meter lang, sieben Meter breit und 120 Tonnen schwer: Dass es für den Transport der Brücke von Meppen nach Marl einer kleinen planerischen und logistischen Meisterleistung bedurfte, dafür hatten die Beteiligten vorab gesorgt. Das Bauwerk wurde auf seiner Reise zunächst mit dem Tieflader zum Schiff transportiert, mit dem Schiff über Dortmund-Ems- und Wesel-Datteln-Kanal nach Marl-Brassert weitergeleitet, von dort aus mit dem Tieflader zur Schmielenfeldstraße, um dort via Werksbahn zum vorbereiteten Bestimmungsort überführt zu werden. An der Baustelle angekommen, wurde die Brücke zunächst noch für rund eine Woche an blauen Schwerlasttürmen über dem späteren Einbauort befestigt. Üblicherweise übernehmen Kräne hier die Aufgabe, schwere Lasten - wie eine Brücke - zu platzieren. In diesem Fall gab es vor Ort jedoch keinen Platz für Kräne, die eine solche Last hätten tragen können.
Pünktlich zur offiziellen Eröffnung im Dezember 2023 wurde die Brücke aus ihrer Parkposition in die finale Einbaulage abgelassen und wird seit Mitte Dezember befahren – von bis zu 14 Güterzügen täglich.
Nicht nur die Brücke ist neu
Schon in frühen Planungsstufen wurde in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund Marl (NABU) diskutiert, wie der neue Bahndamm geschaffen sein muss, um dort ansässigen Tierarten (wie u.a. Fledermäusen) einen bestmöglichen Lebensraum zu bieten. Und nicht nur Tieren bietet die Brücke und die aufgewertete Umgebung nun einen echten Gewinn: Der alte, dunkle und stark sanierungsbedürftige Tunnel direkt unter der Brücke ist einer lichtdurchfluteten „Weg-Bach-Variante“ gewichen. „Wir freuen uns auf die kommenden Fahrradtouren. Der Vater-Unser-Weg wirkt jetzt viel freundlicher“, so die einhellige Meinung der Anwohner auf dem abschließenden von vielen regelmäßigen Bürgergesprächen vor Ort.
„Wir haben nicht nach Fehlern gesucht, sondern jegliche Energie konstruktiv in die Vermeidung von Problemen gesteckt und jederzeit auf Augenhöhe zusammengearbeitet“, so Projektleiter Thomas Kruck vom Technischen Engineering bei Evonik im Chemiepark. „Wir freuen uns, dass alle Seiten zufrieden sind.“