Chemiepark Marl
6. März 2024

Bestens befahrene Brücke    

„Wir waren und sind absolut in Time und Budget und freuen uns darauf, wenn der Vater-Unser-Weg im Sommer in neuem Licht erstrahlt“, sagt Christian Weber vom Service Center Bahn über das „Großprojekt Brücke“ am Silvertbach in Marl-Hüls. Die bisherige Eisenbahnbrücke auf der für den Chemiepark wichtigen Auguste-Victoria-Gleisstrecke war in die Jahre gekommen und eine neue Brücke unverzichtbar. 16 Monate lang rollten dafür Bagger von A nach B, Hoch- und Tiefbau, Vermessung oder auch Stahlbau von Evonik und Partnern arbeiteten rund um die Uhr.

 

Die größte Herausforderung für die Bauexperten lag darin, den laufenden Bahnbetrieb nicht zu unterbrechen, da der Chemiepark die Stecke für Anlieferungen und den Export von Produkten benötigt. Im Dezember eröffnet, wird jetzt noch die Umgebung der Brücke neugestaltet – Pflanzen und Tiere finden hier ab Sommer ein Zuhause.

Gewissermaßen ist es eine Baustelle auf historischem Grund: Die ersten Teile der AV-Gleisstrecke stammen aus dem Jahr 1900. Mehr als 100 Jahre später (2016) kaufte und sanierte der Chemiepark die rund sechs Kilometer lange Strecke von Marl-Sinsen zum Chemiepark. Dass die Strecke mehr als ein Jahrhundert alt ist, zeigte sich auch darin, dass bei den ersten Arbeiten neben der bisherigen Brücke aus den 1980er-Jahren noch drei weitere Brückenbauwerke im Bahndamm gefunden wurden und ausgebuddelt werden mussten.

Baustelle unter besonderen Umständen

„Eine große Herausforderung bei diesem Bauprojekt bestand für uns in der Koordination von Sperrpausen für den durchlaufenden Bahnverkehr“, sagt Christian Weber. „Unsere Bauaktivitäten mussten wir mit der Deutschen Bahn, den Verkehrsunternehmen vor Ort unter der Prämisse abstimmen, unsere Bauphasen innerhalb von 24 Stunden abzuschließen, um die Chemiepark-Versorgung jederzeit sicherzustellen.“

Unter diesen besonderen Bedingungen setzte sich das Projekt Brückenbau daher aus vielen kleinen bis größeren Bauabschnitten zusammen: Zu Beginn wurde eine sogenannte Fangdammkonstruktion installiert, um das Erdreich neben der Bahnstrecke abtragen zu können, ohne die Stabilität des Gleises zu gefährden. Im zweiten Bauabschnitt folgte die Kampfmittelsuche - ein üblicher Vorgang bei Bauprojekten dieser Art, um zum Beispiel Kriegsaltlasten im Erdreich auszuschließen. Um die Brücke vor Ort sicher und in entsprechender Tiefe in der Erde zu verankern, wurden in einem weiteren Schritt Bohrpfähle in die Erde eingebracht.

Während sich die Baustelle in Marl von Tag zu Tag nach Plan weiterentwickelte, wurde in Meppen der stählerne Brückenüberbau hergestellt, ehe die Konstruktion für den Transport startklar gemacht werden und ihre Reise nach Marl antreten konnte.

Achtung, Schwertransport: 120-Tonnen-Brücke kommt

22 Meter lang, sieben Meter breit und 120 Tonnen schwer: Dass es für den Transport der Brücke von Meppen nach Marl einer kleinen planerischen und logistischen Meisterleistung bedurfte, dafür hatten die Beteiligten vorab gesorgt. Das Bauwerk wurde auf seiner Reise zunächst mit dem Tieflader zum Schiff transportiert, mit dem Schiff über Dortmund-Ems- und Wesel-Datteln-Kanal nach Marl-Brassert weitergeleitet, von dort aus mit dem Tieflader zur Schmielenfeldstraße, um dort via Werksbahn zum vorbereiteten Bestimmungsort überführt zu werden. An der Baustelle angekommen, wurde die Brücke zunächst noch für rund eine Woche an blauen Schwerlasttürmen über dem späteren Einbauort „aufgehängt“. Üblicherweise übernehmen Kräne hier die Aufgabe, schwere Lasten - wie eine Brücke - zu platzieren. In diesem Fall gab es vor Ort jedoch keinen Platz für Kräne.

Pünktlich zur offiziellen Eröffnung im Dezember 23 (s. Bilder) wurde die Brücke aus ihrer Parkposition in die finale Einbaulage abgelassen und wird seit Mitte Dezember auch wieder befahren – von bis zu 14 Güterzügen täglich.

Nicht nur die Brücke ist neu

Auch die voraussichtlich letzte Etappe der Baustelle ist im Januar bereits angelaufen: Schon in frühen Planungsstufen wurde in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund Marl (NABU) diskutiert, wie der neue Bahndamm geschaffen sein muss, um dort ansässigen Tierarten (wie u.a. Fledermäusen) einen bestmöglichen Lebensraum zu bieten. Und nicht nur Tieren soll die aufgewertete Umgebung im Sommer einen echten Gewinn bieten: Der alte, dunkle und stark sanierungsbedürftige Tunnel direkt unter der Brücke wird entfernt und weicht einer lichtdurchfluteten Variante. Das dürfte vor allem Fahrradfahrer am Vater-Unser-Weg freuen, die dann entlang des Silvertbachs eine attraktive Route vorfinden.

Projekt in der Zeit und im Budget – voraussichtlich im Sommer 2024 fertig

Auch die Freude bei den Projektbeteiligten war nach Eröffnung der Brücke groß. Das dürfte sich auch bis in den Sommer hinein nicht ändern, sofern die Arbeiten weiterhin nach Plan verlaufen. „Wir freuen uns über die tolle Zusammenarbeit aller Beteiligten. Nur so konnten wir das Projekt im Zeitplan und im Budgetrahmen erfolgreich umsetzen. Wir haben nicht nach Fehlern gesucht, sondern jegliche Energie konstruktiv in die Vermeidung von Problemen gesteckt und jederzeit auf Augenhöhe zusammengearbeitet“, so Projektleiter Thomas Kruck vom Technischen Engineering bei Evonik im Chemiepark.

Auf Augenhöhe verliefen auch die regelmäßigen Gespräche mit interessierten Anwohnern vor Ort, die sich so unmittelbar ein Bild vom Baufortschritt machen konnten.

Diese Möglichkeit gibt es bis in den Sommer 2024 hinein auch weiterhin: Am 13. März findet der nächste Bürgerdialog statt. Bis dahin soll unter anderem der Fußgängerweg vor Ort auf die andere Bachseite verlegt werden.